Panchakarma = Wiederherstellung der Lebensenergien

¨there is a crack in everything - that's where the light shines in¨ (Leonard Cohen)
¨there is a crack in everything - that's where the light shines in¨ (Leonard Cohen)

Ich liege in meinem Bett. Bin am Ziel. Der Ventilator rast über die Zimmerdecke und wirbelt die tropisch heiße Luft im Kreis. 

Mein Körper zittert vor Anspannung. Direkt aus dem Flugzeug bin ich in das auf mich wartende Taxi gestiegen und an Noufals Seite acht Stunden durch dauerbesiedeltes, indisches Land gebraust. Eine Bundesstraße, die von den Einheimischen zur vierspurigen Autobahn erklärt wurde. Ich bin froh, dass Noufal weiß, wann er hupen muss (oft), und dass man in letzter Sekunde doch noch seine eigene Seite aufsuchen sollte, um einen Zusammenprall zu verhindern.


Draußen ist es dunkel. Man hört hie und da ein Murmeln. Hunde heulen. In der Ferne Autolärm. Bin ich hier an einem guten Ort? Bin ich hier gut aufgehoben? Sind die Menschen freundlich und mir zugewandt. Altbekannte Verlassenheitsgefühle klettern hoch. 

¨Du bist seit drei Tagen unterwegs und endlich angekommen. Du bist erschöpft, du solltest schlafen¨, versuch ich mich zu beruhigen. 


Rund um mich ein oranges Moskitonetz. Es erinnert mich körperlich und seelisch an meinen letzten Aufenthalt im fernen Ausland. Nepal. Im Basislager vom Kangchendzönga, dem dritthöchsten Berg der Welt, wo ich eine bekannte Bergsteigerin journalistisch begleitete. Damals hatte ich wie hier das Moskitonetz nur dieses kleine, schützende Zelt um mich. Für fünf Wochen mein Cocoon und Schutz gegenüber der unfreundlichen Welt voller herabbrechender Seracs und Lawinen, Eiseskälte, Egoismus und Streitlust. Fünf Wochen konnte ich dieses Verlassenheitsgefühl in mir kultivieren und zähmen. Dass ein winzig kleines Wesen die ganze Zeit in meinem Bauch mit dabei war, ahnte ich nur vage. 

Und nun ist es wieder da. Dieses Gefühl des Auf mich geworfen seins weit weg von den Menschen und Orten, die mir Halt geben. Ob es diesmal berechtigt ist? Ich habe Hoffnung auf ein freundlicheres Umfeld, aber die Erinnerung ist übermächtig. 


O Gott, was, wenn meine Erwartungen an diese Reise nicht erfüllt werden? Wenn der ganze Aufwand, den ich, meine Familie, meine Freunde und Freundinnen für diese Auszeit betrieben haben, sich nicht gelohnt haben und ich enttäuscht und emotional erschöpft statt aufgeladen und voller Energie wieder nach Hause komme? 


Der Schlaf lässt lange auf sich warten. Als er dann kommt, mündet er in das Bild eines wunderschönen Sonnenaufgangs hinter den Palmen auf der gegenüberliegenden Seite des sehr breiten Flusses. Silhouetten von Fischerbooten vor der rotgoldenen Kugel. Der mysthische Nebel Indiens hängt in der Luft. Vogelgeschrei, irgendwo ruft ein Muezzin zum Gebet, Menschenstimmen, Schritte außerhalb meines Zimmers. Sie klingen freundlich. Ich grüße den indischen Morgen mit sehr andächtigen Morgengrüßen ;). Surya Namaskar. 


Anza bringt mir eine Tasse Chai aufs Zimmer. Ich trinke ihn auf meiner schnuckeligen Miniterrasse mit riverview. Der erste Schluck katapultiert mich wieder zurück ins Basislager. Jeden Morgen brachte mir Danze eine Tasse Chai ins Zelt ¨good morning, Didi!¨ 

Ich weine. Weil ich überwältigt bin. Weil ich jetzt weiß, diesmal wird es eine gute Erfahrung. Ich werde diese unangenehme Erfahrung hinter mir lassen und eine neue machen. Ich lade meine alte Bekannte - die Verlassenheit - ein und nehme sie unter meine Fittiche. Ich bin da. Indien.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Cornelia (Dienstag, 02 Februar 2016 15:32)

    Schluchz. Du nimmst mich ganz schön mit auf deinen Weg. Bin ganz eingetaucht in deine Seelenwelt. May the Lord send angels to guide you on your way. Wrap her arms around you day by day.